Die Einzige


Lucius gab sich damit nicht zufrieden, sondern suchte nach einer Lösung. Unter dem Vorwand, die Pflanzen dieser Welten zu studieren, optimierte er die Simulationen. Aber egal, wie er die Ethik verkünden ließ, es half nichts. Erst als sie mit brutalster Gewalt unter Vernichtung von hunderten Millionen Menschen "verkündete", gab es Fortschritte. Es erschütterte ihn zutiefst, als er alle seine Eingriffe in die Simulation aufzählte: Kriege, Seuchen, Naturkatastrophen, Zusammenbrüche der Ordnungen, ganze Völker dem Wahnsinn verfallen. Doch nur nach solchen Erfahrungen über hunderte Generationen hinweg bildeten sich ein Zustand der Simulation heraus, welcher der aktuellen Welt sehr nahe kam. Damit war aber auch klar, warum unser Volk als einziges diese Galaxie besiedelt hat und nirgends auf eine andere Hochkultur gestoßen ist: denn soviel "Glück" ist selten. Lucius wurde mit seiner Arbeit "Die Einzige" direkt in den Hohen Rat der Weisen aufgenommen, als einer von 117. Dort hatte er nun Zugriff auf die ungefilterte Geschichte seines Volkes. Sie deckte sich sehr genau mit seiner finalen Simulation. Deshalb wurde sie auch am Laufen gehalten, als sie die Jetztzeit erreichte, als Erinnerung und Mahnung. Denn wenn man sie einige Hunderttausendjahre weiter laufen lies, endete sie von selbst. Die Kulturen erloschen einfach irgendwann und kehrten zu einer einfachen, von Robotern natürlich organisierten Lebensweise ohne Raumfahrt zurück. Ohne weitere Hilfe erloschen dann die meisten Kulturen oder retardierten sehr stark. Deshalb musste Lucius im hohen Rat sein, denn so musste er über sein Wissen für immer schweigen. Wie können wir unsere Forscher antreiben und unsere Ingenieure, wenn am Ende alles auf einen Bauernstaat mit ein paar Robotern hinausläuft ? Das könnten sie seit Jahrtausenden haben ohne Anstrengungen Deshalb bleibt das "Ende" geheim! Lucius beugte sich der Entscheidung seines Rates, obwohl er anderer Meinung war. Denn er sah auch die Details der Bauernwelten. Die Menschen dort lebten gesund und zufrieden fast jeder hundertdreißig Jahre. Sie schlugen ihre Kinder nicht und lieferten sie auch nicht in Städten ab. Die Roboter waren so weit entwickelt, dass sie ihre eigene Produktion und Steuerung komplett eigenständig betreiben konnten. Sie regulierten auch das Klima, ließen dichte Besiedlung nur in sicheren Regionen zu und schützten den Planeten vor Meteoriten und Erdbeben, Eiszeiten und Austrocknung. Die Menschen konzentrierten sich auf den Anbau gesunder Nahrung, die liebevolle Erziehung ihrer Kinder und auf alle Verrichtungen, die das Leben schöner machten. Da jeder genug hatte von dem, was er wirklich brauchte und durch leichte Arbeit sich sogar Luxus gönnen konnte, gab es wirklich sehr wenig politisch zu entscheiden. Die Könige waren gewählt, ebenso die Minister für jedes Thema, die regionalen Fürsten und die Priester. Sobald Machtkämpfe auszubrechen begannen, griffen die Roboter behutsam ein. Nur manchmal kam es soweit, dass ein kleiner Despot bei einem "Unfall" rechtzeitig zu Tode kam, bevor er größeren Schaden anrichten konnte. Auf diesen bäuerlichen Welten herrschte Frieden, es gab keine bedrohlichen Tiere und ernsthafte Krankheiten waren unbekannt. Die Kunst blühte überall selbstverständlich auf. Lucius probierte alles mögliche aus, aber ohne die Zwischenphase mit der Raumfahrt und dem anschließenden Zusammenbruch kam es nicht zu dieser friedlichen Entwicklung. Er analysierte das Wissen der Roboter und legte dem Rat einen Plan vor, direkt Planeten mit ihnen zu besiedeln. Damit könnte vielleicht das ganze Leid ihrer Entwicklung vermieden werden. Er war sich nicht sicher.